Angst vor Medikamenten-Engpass

So manches Antibiotikum
könnte man sich sparen ...
Antibiotika gehören zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten. Gerade in Zeiten, in denen immer wieder die Angst vor einem möglichen Medikamenten-Engpass aufkommt, sollten Entscheider wie Ärzte unbedingt prüfen, ob der Einsatz von Antibiotika auch wirklich sinnvoll ist.
Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet „gegen das Leben“, was erst einmal eher negativ klingt. Aber Antibiotika schaden den Bakterien, die sich im Körper befinden, arbeiten also „gegen die lebenden Bakterien“ und nicht gegen den Erkrankten selbst. Leider wenden Ärzte in Praxen und Kliniken Antibiotika teilweise noch falsch an, beispielsweise bei Infektionen im Hals-Nasen-Rachenraum, die zu 90 % durch Viren verursacht werden. Bei solchen viralen Infekten können Antibiotika aber nicht helfen, im Gegenteil, sie können sogar zusätzliche Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Verdauungsstörungen bis zu Sehstörungen und Depressionen verursachen! Nur wenn sich zum Beispiel aus einer viralen Entzündung eine bakterielle Infektion entwickelt, sind Antibiotika als Teil der Therapie wieder sinnvoll.
Maßvoller Einsatz verhindert Katastrophen
Längst weiß man, dass durch zu viel Einsatz von Antibiotika immer mehr Bakterienstämme resistent dagegen werden. Untersuchungen zeigen, dass bereits seit Mitte der 80er Jahre die Antibiotikaempfindlichkeit bei fast allen Erregern deutlich abgenommen hat. Die Bakterien entwickeln schleichend eine Resistenz gegen Antibiotika. Die Folgen können dramatisch sein: Bei wirklich lebensgefährlichen Erkrankungen, wie einer Blutvergiftung, bei der Antibiotika unverzichtbar sind, wirkt die Medizin dann möglicherweise nicht mehr. Alle sechs bis sieben Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an Blutvergiftung! Ohne wirksame Antibiotika breiten sich die Bakterien überall im Körper aus, droht das gesamte Organsystem zusammenzubrechen. Hier ist die einzig wirksame und unverzichtbare Therapie der frühzeitige Einsatz von Antibiotika. Die Diagnose sollten Ärzte daher so schnell wie möglich mit Laborwerten, bildgebenden und klinischen Befunden stellen. Aus Studien mit vielen Betroffenen wissen Experten: Die Hälfte aller Patienten stirbt an einer Sepsis. Sepsis und septischer Schock stellen eine tägliche Herausforderung in Notaufnahmen und auf Intensivstationen dar. Der verantwortungsvolle Umgang mit Antibiotika ist daher bei jedem Patienten angezeigt. In Kliniken bilden sich hierfür sogar sogenannte „Antibiotic Stewardships“, wo sich Mediziner verschiedener Fachrichtungen in interdisziplinären Visiten treffen und über die sinnvolle Antibiotikagabe bei jedem einzelnen Patienten oder einen verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika beispielsweise auf Intensivstationen zu organisieren.
Sorgloser Umgang stärkt die Bakterien!
Außer eines möglichen Medikamenten-Engpasses können wir uns einen verschwenderischen und sorglosen Umgang mit der wertvollen Medizin also auch aus anderen Gründen nicht leisten. Die Medizin sollte wirklich nur Patienten verschrieben und von den Patienten eingenommen werden, die wirklich einen Nutzen von ihr haben.
Deswegen ist beispielsweise auch das „Bunkern“ von Antibiotika in der Haushalts- oder Reiseapotheke eher kritisch zu sehen. Denn statt einer „Eigendiagnose“ sollte nur ein behandelnder Arzt entscheiden, ob die Einnahme von Antibiotika wirklich sinnvoll ist. Seit einiger Zeit gibt es vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für die Gruppe der Fluorchinolone auch eine Anwendungsbeschränkung. Grundsätzlich sollte immer gelten: Vor einer Antibiotika-Therapie Nutzen und Risiko genau abwägen. Sonst kann aus Segen Fluch werden.

Bei einer einfachen Erkältung sind Antibiotika nicht sinnvoll:
Sie können weder die Beschwerden wie Schnupfen und Halsweh lindern noch die Krankheitsdauer verkürzen. Eine Erkältung mit Symptomen wie Husten, Schnupfen und manchmal leichtem Fieber wird normalerweise durch Viren verursacht.






